Themenübersicht zum Antiken Rom

Diese Theaterform war den Griechen völlig unbekannt, denn sie war eine typisch römische Erfindung. Keine römische Erfindung dagegen waren die darin stattfindenden Gladiatorenkämpfe, denn diese gingen aus dem etruskischen Totenkult hervor.

In Kampanien ließen die Erben eines Verstorbenen Schwerbewaffnete an den Grabhügeln gegeneinander kämpfen. Mit dem vergossenen Blut wollte man die Geister des Toten versöhnen.

Gegen Ende des 3. Jh. v. Chr. waren diese Munera oder Spectacula gladiatoria genannten Kämpfe eine den Römern vertraute Einrichtung geworden. Die Kämpfer traten dabei freiwillig auf und führten Virtus vor, ein für den Römer sehr wichtiger Aspekt, mit dem man Unerschrockenheit vor Tod und Gefahr, die Haltung des tapferen Soldaten sowie der Staatsoberhäupter zeigte. Erst im Jahre 105 v. Chr. scheint erstmals vom Konsul Rutilius Rufus ein Gladiatorenkampf ohne Anlaß einer Leichenfeier aufgeführt worden zu sein.

In den Amphitheatern wurden außerdem die Tierhetzen, Venationes genannt, vorgeführt. An ihnen scheinen die Römer während des Ersten Punischen Krieges (264 - 241v. Chr.) Gefallen gefunden zu haben, als der Konsul Cecilius Metellus in der Schlacht von Panormo 142 Elephanten fing und sie öffentlich im Circus Maximus töten ließ.

Die Amphitheater wurden erst seit Augustus' (30 v. Chr. - 14 n. Chr.) Zeiten als ein rein für Gladiatorenkämpfe und Tierhetzten errichtetes Gebäude, in dem auch Hinrichtungen stattfinden konnten, angesehen. Der Name stammt vom griechischen "Amphi-théatron" und bedeutet Zuschauerplatz, welcher rund um die Arena verläuft. Er kam erst durch den Architekten Vitruv in Gebrauch, welcher unter Augustus lebte.

Für die ersten Gladiatorenkämpfe wählte man einen freien Platz auf dem Forum und scharte sich im Kreis um die Kämpfer. Doch die immer größer werdende Popularität der Gladiatorenkämpfe und Tierhetzten verlangte bald nach einer adäquaten Architektur.

Die ersten steinernen Amphitheater stammten aus Kampanien und waren jünger als die ersten steinernen Theater. Im Gegensatz zu den Letzteren siedelte man die Amphitheater vorzugsweise am Rande der Stadt an. Der Gebäudetyp fand im Westen des Römischen Reiches eine riesengroße Verbreitung, ganz im Gegensatz zu Griechenland und Asien, wo die Gladiatorenspiele nicht so beliebt waren.

Man unterscheidet zwei Typen von Amphitheatern: solche, die in eine natürlichen Mulde hineingebaut wurden, z. B. das Amphitheater von Pompeji, und solche, die freistehend als Hochbauten errichtet wurden, z. B. das Colosseum.

Die Form der Amphitheater ist oval, wobei die Längsachse nur um ein weniges größer ist als die Querachse. Mit dieser Ovalform vereinigte man den für Aufführungen gedachten Rundplatz mit dem für Kampfszenen vorgesehenen länglichen Platz.

Der Zuschauerraum, die Cavea, war nach denselben Kriterien erbaut wie beim normalen Theater. Auch hier konnte man ein Velum zum Schutz gegen die Sonne am oberen Stockwerk anbringen.

Das älteste steinerne Amphitheater ist das AMPHITHEATER VON POMPEJI, errichtet um 80 v. Chr. nach dem Vorbild eines älteren Gebäudes, welches sich wahrscheinlich in Capua befand.

Amphitheater von Pompeji: Gesamtansicht.
Aus Rainer Graefe: "Vela erunt", Mainz 1979.

Die etwas unregelmäßige Ellipse des Gebäudes mißt in ihrer Länge 135,5 m und in ihrer Breite 104 m. Während der untere Teil der Cavea in den Boden gegraben wurde, liegt der obere Teil auf einem Erdwall. Als Zugänge zum Zuschauerraum, der insgesamt 35 Sitzreihen aufwies, dienten mehrere äußere Rampen. Die Loge für hochstehende Persönlichkeiten war das Pulvinar.

Amphitheater von Pompeji: Querschnitt.
Aus Graefe.

Das Charakteristische beim Amphitheater zu Pompeji ist das Fehlen der Unterbauten, denn die Arena liegt auf dem gewachsenen Erdboden. Außen wirkt das Gebäude, was in einem abgelegenen Winkel neben der Stadtmauer liegt, völlig schmucklos. Es hat nur ein Stockwerk, bestehend aus Arkaden, welche aus kleinen Lavasteinen gebaut wurden. Auch ein Velum war vorhanden.

Das älteste, teilweise in Stein errichtete Amphitheater Roms war das THEATER DES STATILIUS TAURUS, errichtet 31 v. Chr. auf dem Marsfeld. Es hatte steinerne Fundamente, ansonsten bestand es aus Holz. Im großen Brand von 64 n. Chr. wurde es ein Opfer der Flammen.

Mit dem Bau des FLAVISCHEN AMPHITHEATERS in Rom erreichte die Baukunst des Amphitheaters ihren Höhepunkt. Es vereinigte die klassische mit der neuen römischen Betonbauweise und war eins der wenigen, welches drei Stockwerke aufwies.

Den Namen COLOSSEUM erhielt das Gebäude erst im Mittelalter nach der 35 m hohen Kolossalstatue des Kaisers Nero (54 - 68), welche Helios darstellte und im Vestibulum seiner Domus Aurea stand.

Colosseum: Modell der Gesamtansicht.

Die namenlosen Architekten Vespasians (69 - 79) begannen diesen ersten großen Ingenieurbau der Welt an der Stelle, an welcher sich einst der künstliche See der Domus Aurea befand. Titus (79 - 81) führte die Bauarbeiten des Colosseums weiter und weihte es 80 n. Chr. auch ein, obwohl das obere Stockwerk noch nicht fertiggestellt war. Erst unter Domitian (81 - 96) wurde es beendet. Seine Außenmaße betragen 188 x 156 m, die Arena mißt 77 x 46,50 m.

Die ganz aus Travertin bestehende Außenmauer erhebt sich 56 m über dem ursprünglichen See Neros. Sein Durchmesser beträgt an der Basis 2,70 m, ganz oben 1,90 m. Von den vier Geschossen bestehen die untersten drei aus je 80 Arkaden. Das vierte Stockwerk ist als Attika ausgestaltet. Aus den Quaderpfeilern, welche die Rundbögen der drei unteren Geschosse stützen, treten Halbsäulen hervor. Diese Halbsäulen sind im untersten Stockwerk dorisch, im zweiten ionisch und im dritten korinthisch. Die geschlossene Wand der Attika führt die Vertikalordnung der unteren Halbsäulen mit korinthischen Pilastern fort. Diese Fassadengliederung hatte ihren Vorläufer bereits im Marcellus-Theater. An der Attika waren auch 240 senkrecht stehende Masten zur Befestigung des Velums angebracht, welche die Mauer um Einiges überragten.

Der Zuschauerraum war hierarchisch gegliedert und bot Platz für etwa 50.000 Menschen. Er war unterteilt in Podium, Mittelteil und Galerie. Das Podium hatte vier Reihen und war für die Prominenz reserviert. Der Mittelteil wies im unteren Abschnitt 20 Sitzreihen auf, im oberen Abschnitt um die 60. Die Galerie hatte Holzsitze und war für die Frauen bestimmt. Darüber befand sich wahrscheinlich ein Umgang mit Stehplätzen für die mittellose Plebs und Sklaven.

An den beiden Enden der Querachse befand sich je eine Loge: auf der einen Seite das Pulvinar für den Kaiser, seine Familie, die Vestalinnen und Priester, auf der anderen die Loge für Konsuln, Prätoren, Richter.

Die Cavea wird von einem genialen Bogen-System gestützt. Hierbei steigen strahlenförmig um die Arena angelegte tonnenüberwölbte Gänge nach außen schräg an. Sie werden von konzentrischen Gängen, welche ebenfalls tonnenüberwölbt sind, durchkreuzt. Vier völlig unabhängige Treppensysteme führten die Zuschauer von 66 Arkaden des Erdgeschosses binnen kurzer Zeit, ohne Massengedränge, zu ihren Sitzplätzen.

Colosseum: Konstruktion der Bögen der Cavea.
Aus Hönle/Henze: "Römische Amphitheater und Stadien", Luzern - Herrsching 1981.

Die Arena hatte eine Täfelung aus Holz, welche man abnehmen konnte, um die verschiedendsten szenischen Elemente wie Berge, Bäume usw. schneller hervorbringen zu können. Die Unterbauten der Arena wurden erst nach Fertigstellung der Außenmauern angelegt. Sie bestanden aus unterirdischen Gängen, welche kreuzförmig angelegt waren und mit einer Reihe von ringförmigen Galerien verbunden waren, welche die gesamte Fläche der Arena ausmachte. Hier befanden sich auch die Käfige zur Haltung der Bestien.

Colosseum: Unterbauten der Arena.
Photo: Gabriele Pasch.

Das Besondere am Colosseum ist sein außerordentlich stabiles Fundament. Das Skelett besteht ganz aus Haustein, im Innern gebrauchte man Tuffstein, der Außenbau wurde aus Travertin errichtet, welchen man aus den Steinbrüchen von Albulae bei Tivoli herbeischaffte. Der neue römische Beton, das opus caementicium, wurde noch sehr sparsam angewendet, und zwar in den Gewölben und im oberen Teil der Cavea. Die obersten Sitzreihen waren aus Holz, um den Schub der Reihen gegen die nicht verstärkte Attika besser abfangen zu können.

Colosseum: Teilansicht der Cavea.
Photo: Gabriele Pasch.

Beim Errichten des Colosseums arbeiteten vier Baustellen gleichzeitig und konnten somit die Arbeiten in verhältnismäßig kurzer Zeit zu Ende bringen. Mit Sicherheit wurden Hebemaschinen eingesetzt, um die großen Steinblöcke besser nach oben zu schaffen.

Die Einweihung des Flavischen Amphitheaters unter Titus dauerte hundert Tage und stellte die Verherrlichung der flavischen Herrscherdynastie dar. Der Hofdichter Martial hat in seinem Liber Spectaculorum alle Einzelheiten dieser Feierlichkeiten festgehalten, wobei er neben den üblichen Gladiatorenkämpfen und Tierhetzen auch Szenen aus der griechischen Mythologie erwähnt.

Außerdem wurde die Arena unter Wasser gesetzt, was dank der noch fehlenden Unterbauten möglich war. Jedoch dürfte seine Wassertiefe nicht sehr groß gewesen sein, denn Schiffsschlachten konnten in ihm nicht stattfinden.

Für Letztere war die nahegelegene NAUMACHIA auf der rechten Seite des Tibers, ein unter Augustus von Agrippa angelegter künstlicher See mit einer Fläche von 536 x 357 m, besser geeignet. Kurzzeitig bestand auch noch eine zweite Naumachia unter Domitian.

Östlich vom Colosseum befand sich der LUDUS MAGNUS, die zentrale Kaserne der Gladiatoren, in dem sich ebenfalls ein kleines Amphitheater zum Trainieren befand.

Im Jahre 313 erließ Konstantin (306 - 337) ein Edikt, die Gladiatorenspiele im Colosseum einzustellen, jedoch waren die Proteste dagegen so heftig, daß er das Ganze wieder rückgängig machen mußte. Unter Honorius III (391 - 425) fand ein weiterer Versuch statt, die Gladiatorenspiele im Aphitheater einzustellen, aber unter Valentinian III (425 - 454) fanden sie zunächst wieder statt. 438 verbot der Kaiser endgültig die Gladiatorenspiele, erlaubte aber weiterhin die Tierhetzen.

Das letzte Spektakel fand im Colosseum unter Theoderich (493 - 526) im Jahre 523 statt. Danach wurde das Gebäude, welches im 4. Jh. vom Blitz getroffen und im 5. Jh. drei Male von starken Erdbeben heimgesucht wurde, endgültig aufgegeben. Im Mittelalter diente es als Steinbruch. Auf seinen Resten errichtete die Familie der Frangipane im 12. Jh. ein Kastell.

Es gab neben dem Colosseum in Rom noch das Amphitheater des Caligula und das Amphitheater des Nero.

Während im 2. Jh. n. Chr. das Interesse an neuen Amphitheatern zurücktrat, erfuhr es im 3. Jh. einen neuen Aufschwung, als die Städte größer geworden waren. Zumeist handelte es sich hierbei um Militärarchitektur, so wie beim AMPHITHEATRUM CASTRENSE.

Dieses wurde Anfang des 3. Jhs. von den Soldatenkaisern Elagabal (218 - 222) und Alexander Severus (222 - 235) nahe der Aurelianischen Mauer erbaut und war nur für den Hof bestimmt. Von ihm sind nur noch Reste des Erdgeschosses erhalten. Eine Rekonstruktion zeigt, daß der Bau zwei Geschosse mit Pfeilerarkaden hatte und von einer Attika abgeschlossen wurde. Der Grundriß der Ellipse maß 88 x 76 m. Das Theater wurde in der Betonbauweise und mit Backsteinmauerwerk errichtet.

Da man im 3. Jh. nicht mehr über so große Geldmittel verfügte, aber dem Wunsch der Massen nachkommen wollte, wurden ältere Theater behelfsweise für Gladiatorenspiele umgebaut oder eingerichtet. Dadurch entstand eine Reihe von Mehrzwecktheatern, welche man vor allem in Gallien und Germanien antrifft. Einige dieser Bauten gingen von einem bestehenden Theater aus, die anderen entwickelten sich von einem Amphitheater.

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