Themenübersicht zum Antiken Rom

Wagenrennen gab es sowohl bei den Griechen wie bei den Römern. Sie waren Teil des religiösen Kultes. In Olympia wurden schon sehr früh Pferderennen veranstaltet, zu denen später andere Wettkämpfe traten, wie der Stadionlauf, der Waffenlauf, der Ringkampf, der Weitsprung sowie schließlich der Diskus - und Speerwurf.

Doch während man in Griechenland beim Tempelbau Großartiges hervorgebracht hatte, begnügte man sich für diese Sportveranstaltungen eher mit bescheidenen Gebäuden von geringen Ausmaßen. Repräsentative Hochbauten fehlen in Griechenland für die profane Architektur gänzlich, nicht so im Römischen Reich.

Gegenüber den Amphitheatern, die es in jeder auch noch so kleinen römischen Stadt gab, hatten nur besonders große oder wichtige Städte eine Circusanlage. Außerhalb Italiens befanden sich Circusanlagen u. a. in Gallien, Spanien und Afrika.

In Rom gab es in republikanischer Zeit zwei Circusanlagen für Wagenrennen und andere Veranstaltungen, den Circus Maximus und den Circus Flaminius.

Der CIRCUS MAXIMUS war die größte aller Sportanlagen der Welt. Er spielte als Zentrum des öffentlichen Lebens für die Römer eine noch viel größere Rolle als das Colosseum. Der Eintritt zum Circus war billig oder gar umsonst und lockte die Massen Roms in Scharen an. Im Circus konnten sie ihre Aggressionen abreagieren und dachten nicht an Aufstand. Allerdings sind vom Circus Maximus heute nur noch spärliche Reste vorhanden, so daß er gegenüber dem relativ gut erhaltenen Colosseum mehr in Vergessenheit geraten ist.

Der Circus Maximus lag im Murcia-Tal zwischen Palatin und Aventin. In der Frühzeit befand sich in diesem Tal ein unterirdischer Altar von Consus, dem Schutzgott des gesammelten Getreides. An den Festtagen zu Ehren dieses Gottes, den sogenannten Consualia, welche am 21. August und 15. Dezember gefeiert wurden, wurde der Altar aufgedeckt und Wettrennen mit Ackergespannen zu Ehren des Gottes veranstaltet.

Da die Wagenrennen aus dem vorrömischen religiösen Kult entstanden, dürfte die Circus-Gründung wohl in etruskischer Zeit anzusiedeln sein, wahrscheinlich unter Tarquinius Priscus im 6. Jh. v. Chr. Von einer geplanten Anlage kann man wohl erst ab 329 v. Chr. ausgehen. Danach wurde der Circus bis zum Ende der Kaiserzeit immer wieder erweitert und verbessert.

Einen guten Eindruck vom Flair der riesigen Circusanlage wird in dem oben abgebildeten Gemälde von Jean-Léon Gérome aus dem Jahre 1876 deutlich, welches sich im Art Institute von Chicago befindet.

Der Circus war eine längliche Anlage, wobei er an der einen Schmalseite mit einem Halbkreis und an der anderen mit einer fast geraden Linie abschloß. Seine Maße bestanden im 4. Jh. n. Chr. aus einer Länge von 600 m und einer Breite von 200 m. An einer der Langseiten wurde er etwas schmaler.

Der Circus Maximus. Modell im Museo della Civiltà Romana, Rom.
Photo: Gabriele Pasch.

Nordwestlich schloß der Circus mit den Carceres ab, worin sich die Boxen für die Gespanne der Pferde befanden. Die Carceres bestanden anfangs noch aus Holz, seit Caesar aus Tuff und seit Claudius (41 - 54) aus Marmor. Das abgeflachte Rund dieser Carceres hatte zwei Stockwerke aus Arkaden und wurde von zwei viereckigen Ecktürmen flankiert. Das Ganze wurde deshalb Oppidum genannt.

Nach Südosten endete die Anlage in einem Halbrund mit einem Tor in der Mitte. Dieses Tor wurde unter Titus (79 - 81) zu einem monumentalen Triumphbogen ausgebaut.

Durch die Mitte der langgezogenen Arena verlief die sogenannte Spina (Rückgrat), welche sie der Länge nach in zwei Hälften teilte. An jedem ihrer Enden standen Metae, Wendesäulen, um die herum die Lenker ihre Wagen führen mußten. Anfangs war die Spina einfach gestaltet, doch Augustus (30 v. Chr. - 14 n. Chr.) verschönerte sie, indem er sie 10 v. Chr. mit einem ägyptischen Obelisken aus der Zeit Ramses II (1290 - 1223 v. Chr.) schmücken ließ.

Konstantin (306 - 337) wollte noch einen zweiten Obelisken aus der Zeit Tutmosis III (1490 - 1436 v. Chr.) aufstellen, aber er konnte erst unter seinem Sohn Konstantios (337 - 361) herbeigeschafft werden. Der eine der Obelisken ist heute auf der Piazza del Popolo zu sehen, der andere auf der Piazza San Giovanni in Laterano.

Auf der Spina befanden sich außerdem Altäre und Statuen sowie zwei Gestelle, welche rechts und links vom Obelisken aufgestellt waren. Auf dem einen Gestell waren Eier, Symbole der Dioskuren, auf dem anderen Delphine, die dem auch als Pferdegott verehrten Neptun heilig waren, zu sehen. Sie dienten den Zuschauern als Orientierung. Die Wagenlenker hatten sieben Runden zu drehen und nach jeder dieser Runden wurden jeweils ein Ei und ein Delphin umgekippt.

Die dreistöckige Cavea - also der Zuschauerraum - des Circus hatte eine Tiefe von 35 Metern und war wie jene des Colosseums angelegt. Den drei Rängen im Innern entsprachen in der Außenmauer drei mit Marmor verkleidete Stockwerke. Das untere Stockwerk bestand aus Arkaden, die beiden oberen waren gemauert und mit rechteckigen Fenstern versehen. An der Seite zum Palatin hin befand sich das Pulvinar, ein zweistöckiger Säulenbau für den Kaiser und seinen Hof.

Die Sitzreihen bestanden anfangs aus Holz, stürzten jedoch immer wieder ein. Caesar ließ rund um die Arena einen drei Meter breiten Kanal, den Euripo, anlegen. Unter ihm bestand von den drei Zuschauergalerien nur die unterste aus Stein.

Trotz seiner Größe besaß der Circus Maximus auch ein Velum zum Schutz gegen die Sonne, und zwar möglicherweise schon ab 186 v. Chr. Ein solches wird auch für die meisten anderen Circusanlagen, deren Zuschauertribünen zumeist nicht mehr als 10 Meter tief waren, angenommen.

Anhand eines Mosaiks des Circus von Karthago, mit einer Ausdehung von 610 m Länge und 107 m Breite eine der größten römischen Circusanlagen, kann man sich ein Bild von der Art der Velum-Überdachung machen, welche wahrscheinlich auch im Circus Maximus zur Anwendung kam. Hierbei hingen die Vela an drei Reihen von senkrechten Masten, welche in den Zuschauertribünen aufgestellt waren. Die unterste Mastreihe stand am Rand der Arena, die mittlere befand sich im Zuschauerraum und die obere am äußeren Ende der Sitzplätze. Das Prinzip beruhte auf der Addition von kleinen und immer gleichen Vela, womit man Flächen von riesiger Größe überdachen konnte.

Rekonstruktion einer Velumüberdachung für eine Circusanlage.
Aus Rainer Graefe: "Vela erunt", Mainz 1979.

Der Circus wurde auch mehrere Male von Bränden heimgesucht. Der erste ereignete sich 31 v. Chr. unter Augustus, woraufhin der Kaiser ihn verschönerte, das Pulvinar errichtete und den Obelisken aufstellte. Der zweite Brand fand unter Tiberius 36 n. Chr. statt. Claudius ließ ihn restaurieren und den Tuffstein der Sitzplätze durch Marmor ersetzen.

Der dritte Brand ereignete sich 64 n. Chr. unter Nero (54 - 68), woraufhin der Kaiser einen kompletten Neubau in die Wege leitete. Dabei wurde auch der Kanal zugeschüttet und an dessen Stelle weitere Sitzplätze errichtet. Unter Domitian (81 - 96) brannte der Circus ein viertes Mal und wurde restauriert.

Mehrere Male stürzten außerdem Teile des Circus Maximus ein. Anscheinend waren die Sitzreihen des zweiten Ranges sowie der mit Stehplätzen versehene dritte Rang immer aus Holz. Unter Antonius Pius wurden um die Mitte des 2. Jhs. bei einem Einsturz 1112 Personen begraben, später unter Diokletian und Maximian 13000, worauf Konstantin den Circus erneut restaurieren ließ.

In der untersten Reihe saßen die Senatoren, in der darauffolgenden kamen die Ritter und dann das Volk. Frauen und Männer saßen hier, anders als im Colosseum, gemischt. Es wird angenommen, daß der Circus 200.000 - 250.000 Personen fassen konnte.

Im Circus fanden neben den populären Wagenrennen auch artistische Vorführungen, Ringkämpfe und - bis zum Bau des Colosseums -, Tierhetzen und Gladiatorenkämpfe statt. Der religiöse Ursprung der Wagenrennen zeigte sich in der Pompa Circensis, die feierliche Prozession, mit dem alle Circusspiele eingeleitet wurden. Die Rennen wurden von einem Konsul, einem Prätor oder einem Ädilen veranstaltet, welcher auch die Prozession anführte. Man startete auf dem Kapitol und zog dann über das Forum mit viel Beifall in den Circus Maximus. Der Veranstalter nahm dann in seiner Loge oberhalb der Carceres Platz. Von hier aus gab er auch das Startzeichen für die Rennfahrer, indem er die Mappa - ein weißes Tuch -, in die Rennbahn fallen ließ.

Die Renngesellschaften gruppierten sich in vier Faktionen, welche die vier Jahreszeiten symbolisierten, und unterschieden sich demzufolge in vier Farben: die Weißen - factio albata - repräsentierten den Winter, die Grünen - factio prasina - den Frühling, die Roten - factio russata - den Sommer und die Blauen - factio veneta - den Herbst. Es konnten 4, 8, 12 oder gar 16 Wagen gegeneinander antreten.

Die Rennfahrer waren bis zum Beginn der Kaiserzeit auch noch Senatoren, später konnten dank der immer akrobatischer werdenden Rennen nur noch Berufsfahrer, welche meist aus bescheideneren Verhältnissen stammten, die Rennen ausführen. Die Fahrer konnten großen Ruhm erlangen und ein großes Vermögen machen.

Die letzten Spiele im Circus Maximus wurden gegeben, als die Westhälfte des Imperium Romanum schon untergegangen war, nämlich unter dem Gotenführer Totila 549 n. Chr.

Die andere in republikanischer Zeit errichtete Circusanlage war der CIRCUS FLAMINIUS, welcher vom Führer der Plebejer Caius Flaminius 221-20 v. Chr. im Marsfeld zu Füßen des Kapitols beim Tiber angelegt wurde. In ihm fanden die Ludi Plebeii statt, welche zu Ehren Jupiters gefeiert wurden. Er war noch im 4. Jh. n. Chr. in Gebrauch, aber bis heute hat er kaum Spuren hinterlassen.

In der Kaiserzeit wurden in Rom einige Circusanlagen errichtet, von denen wir meist nur noch den Namen kennen, so z. B. der CIRCUS NERONIS, auch CIRCUS VATICANUS oder CIRCUS GAIANUS genannt. Er wurde unter Caligula oder unter Nero erbaut, aber es ist unbekannt, ob er dem Publikum zur Verfügung stand und wo seine genaue Lage war.

In dem übergroßen Palast des Domitian, welcher zwischen 92 und 92 n. Chr. entstand, befand sich ebenfalls ein kleiner Circus, das sogenannte HIPPODROM. Dabei handelte es sich um eine gartenartige Anlage für Wagenrennen und athletische Kämpfe, welche von zweistöckigen Portiken umgeben war. Unter Septimius Severus (193 - 211) wurde der Palast restauriert und der Circus, von dem sich heute noch beachtliche Reste in situ befinden, erhielt eine monumentale Kaiserloge.

Circus im Palast des Domitian.
Photo: Gabriele Pasch.

Während im 4. Jh. keine größeren Amphitheater mehr entstanden, wurde der Circusbau, welcher zugleich der älteste Sportbau der Römer darstellte, in gigantischer Weise weitergeführt. So entstand 311 n. Chr. an der Via Appia, bei dem Grab der Cecilia Metella, der CIRCUS DES MAXENTIUS. Der Kaiser hatte ihn seinem jüngsten Sohn Romulus gewidmet, der an seiner Seite beerdigt wurde.

Von allen römischen Circusanlagen ist er der am besten erhaltene. Er hatte eine Länge von 520 m und eine Breite von 108 m, die Arena hatte eine Fläche von 400 x 84 m. Die Spina war 283 m lang und mit einem Obelisken versehen, der nicht aus Ägypten stammte, sondern eine Fertigung aus der Zeit Domitians war. Heute befindet sich dieser Obelisk auf der Piazza Navona in Rom.

Der Circus Maxentius in seiner vollen Länge.
Aus Hönle/Henze: "Römische Amphitheater und Stadien", Luzern - Herrsching 1981.

Der Circus des Maxentius war trotz seiner Größe nur für den Hof bestimmt. Die Cavea dürfte höchstens 10000 Personen gefaßt haben. Sie hatte nicht mehr als 10 Sitzreihen, die von 21 Treppen zugänglich waren. Das Pulvinar war mit dem Palast verbunden.

Gebaut wurde der Circus mit roten Ziegeln und Beton. In den Unterbauten des Zuschauerraums verwendete man hohle Tontöpfe, welche man in den Gußbeton einließ, um das Gewicht des Tragwerks zu verringern.

Circus des Maxentius: Teilansicht mit Türmen des Oppidums.
Aus Hönle/Henze.

Der letzte Großbau im Römischen Reich war die Rennbahn in Konstantinopel, das sogenannte HIPPODROM. Es wurde unter Septimius Severus begonnen, welcher es im Jahre 195/96 der damals noch Byzantion genannten Stadt stiftete. Erst im Zusammenhang mit der Neugründung der Stadt als Konstantinopel wurde das Hippodrom unter Konstantin nach dem Vorbild des Circus Maximus erweitert und fertiggestellt.

Die Gesamtlänge des Hippodroms betrug 450 m, die Gesamtbreite 123 m. Es wurde im Südwesten durch die Sphendone - einem amphitheaterartigem Halbrund - abgeschlossen, welche auf großen Unterbauten auflag. Ihr gegenüber lagen die Carceres, über welchen sich das Tribunal für den Leiter der Spiele befand. Die Spina, auf der unter Theodosius I (379 - 395) ein Granit-Obelisk des Tutmosis III aufgestellt wurde, teilte die Circusanlage in zwei Hälften.

Das Hippodrom besaß ein Velum und konnte angeblich 30000 Zuschauer fassen, eine Zahl, die wahrscheinlich weiter nach oben korrigiert werden muß. Seine Cavea hatte eine Tiefe von 22,5 Metern. Der heutige Roßplatz (At Meydani), der 5 m über dem ursprünglichen Niveau des Circus liegt, läßt seine Größe noch gut erkennen.

Ein den Circusanlagen ähnlicher Gebäudetyp war das Stadion, in welchem vorwiegend athletische Wettkämpfe ausgetragen wurden. Das römische Stadion war den griechischen nachgebildet und bestand wie diese aus einem langgezogenen Hufeisen. Im Unterschied zu den griechischen Stadien jedoch, deren Zuschauerräume wie die der griechischen Theater in eine Mulde eingebettet waren, wurden die römischen Stadien frei stehend errichtet.

Die ersten römischen Stadien wurden noch in Holz errichtet, welche nach Beenden der Wettkämpfe wieder demontiert wurden. Das erste gemauerte Stadion wurde von Domitian im Marsfeld errichtet, genau dort, wo sich heute die Piazza Navona befindet. Es ist das einzige römische Stadion aus Stein außerhalb Griechenlands und des Orients.

Im Westen des römischen Reiches spielte das Stadion als öffentliches Gebäude nie eine besonders große Rolle, denn einerseits waren die rein athletischen Wettkämpfe dort nicht so beliebt wie Wagenrennen und Gladiatorenkämpfe, andererseits konnte man athletische Kämpfe auch durchaus in Circusanlagen oder Amphitheatern veranstalten.

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